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Ein Nachmittag voller Tragik oder
Der Mann, der nie eine Katze haben wollte

Es war an einem Mittwoch-Nachmittag.
Ich hatte es mir mit einer Tasse Kaffee vor dem Fernseher gemütlich gemacht, um eine Folge meiner Lieblingsserie (Deep Space Nine) zu sehen.
Als es gerade richtig spannend wird, höre ich ein lautes Quieken hinter mir.
"Was ist das?", denke ich,"Wo kommt das her? Ist das das leere Mobiltelefon, daß ich gerade eine Etage über mir in die Ladestation gelegt habe, aber dann wäre es doch nicht so laut?".
Ich drehe mich also um und sehe, wie eine aufdringlich quiekende Spitzmaus zum Wohnzimmer hereinkommt, gefolgt von der tapferen Katze meiner Frau (ich wollte nie eine Katze!).
Die Maus verschwindet in heller Panik unter einem Zeitungsständer. Der ist hoch genug, so daß sie gerade noch darunter passt, aber zu flach, als das die Katze sie mit ihren Krallen erwischen könnte. Nach einigem hin und her der Kampfparteien wird es mir zu laut!
Wie soll Cmdr. Sisko -er wird erst in einer der späteren Folgen zum Captain befördert- da eine ganze Zivilisation retten? Ich muß also als überlegenes Säugetier mit einem hohen ethischem Anspruch eine Lösung finden, die mir durch drei widersprüchliche Ziele nahezu unmöglich erscheint:
1. Ruhe schaffen (für mich)
2. Das Leben der Maus retten (für die Maus)
3. Das Leben der Maus beenden, mit möglichst viel Aufsehen, Action und Fun wie im Mittelalter (für die Katze)

Ich entschließe mich, die oberste Direktive der Föderation anzuwenden und den Kampf in seiner natürlichen Umgebung zu Ende bringen zu lassen, ohne mich einzumischen. Als natürliche Umgebung definiere ich alles, was nicht mein Wohnzimmer ist.
Katze und Maus rühren sich nicht von der Stelle. Jetzt scheinen die Beiden es zu sein, die es sich gemütlich gemacht haben. Die Katze liegt schon mit halbgeschlossenen Augen auf dem Bauch und scheint bald einzuschlafen.
Auch die Maus quiekt nur noch von Zeit zu Zeit, aber immer noch mit einer unglaublich hohen Phonzahl und Frequenz.
Um den Kampfplatz in den Garten verlegen zu können, muß ich die Maus unbeschadet in einen Behälter schaffen, wo sie zunächst vor den Angriffen der Katze sicher ist.
Meine Wahl fällt auf einen 5l-Eimer, den ich schnell über die Maus stülpe, schneller als die Katze gucken kann. Als Boden verwende ich das Unterteil einer Backspringform (nein, wir backen damit nicht mehr).
Die Maus gibt sich beim Unterschieben des Bodens etwas widerspenstig, als ob sie einen offenen Kampf mit der Katze vorziehen würde.
Doch das Vorhaben gelingt und die Maus ist unbeschadet unterm Eimer. Die Katze lauert weiter den Zeitungsständer an, da dieser in ihren Vorstellungen eine natürlichere Umgebung für eine Maus darstellt, als ein 5l-Eimer.
Es gelingt mir nicht, sie mit in den Garten zu locken.
Doch nun zu der tragischen Wende der Geschichte: einige Leute sterben bei der Rettungsaktion von Cmdr. Sisko. Unter den Opfern befindet sich auch die Maus. Ich wunder mich immer noch, wie die tödlichen Strahlen von Omykron 8 bis in unseren Garten reichen ohne alles zu tötetn, aber die Maus hat es nicht überlebt.
Vielleicht war es aber auch ein natürlicher Tod; die Lebenszeit der Maus endete mit einem Herzinfarkt zufällig unter meinem Eimer.
Das Ende der Geschichte zeichnet sich also durch drei große Enttäuschungen aus:
1. Ich bin enttäuscht, da mein gemütlicher Nachmittag nicht gemütlich war.
2. Die Katze ist enttäuscht, weil sie keinen Jagderfolg hatte.
3. Die Maus ist enttäuscht, weil sie tot ist.
4. Der Leser ist enttäuscht, weil kein Sex in der Geschichte vorkommt.
Soviel zu dem Mann mit dem Katzenabenteuer, der nie eine Katze haben wollte.
Und die Katze? Die liegt immer noch lauernd vorm Zeitungsständer!

-Copyright: André Busse-


Herzlichen Dank an Carola und André Busse für diese Geschichte!