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Felix

Hallo, ich bin der Felix.

Eigentlich ist mir ja mein Name egal, da ich sowieso immer gerannt komme, wenn die Menschen hier in der Siedlung ihre Katzen rufen, egal mit welchem Namen. Bis jetzt hieß ich immer nur "Schwarzer". Jedoch für die Menschen bedeutet Felix so was wie -der Glückliche-. Und ich bin glücklich. Ich will euch erzählen, wie es dazu kam. Das war nämlich nicht immer so.

Es ist vielleicht ein Jahr her, dass ich in diese Siedlung kam. Und ich hätte schwören könne, dass ich nie wieder was mit Menschen zu tun haben wollte. Ich mied sie so gut es nur ging. Doch ich entschied mich, erst mal hier zu bleiben, denn hier wohnten noch einige andere Katzen. Und die sahen nicht gerade unterernährt aus.
Da waren zwei Katzendamen. Die eine, Krümel, schleppte immer alle ihre Kumpels mit an. Und die andere, Tilli, ihre Schwester übrigens, war eine richtige Schönheit. Ich war sofort hin. Sie war grau getigert, hatte ein weißes Gesichtchen, weiße Pfötchen und ein weißes Bäuchlein. Aber sie konnte mich nicht leiden. Dann gab es da noch einige Kater. Aber die schienen auch friedfertig zu sein.

Also wie schon gesagt, ich hatte für mich beschlossen, die Menschen zu meiden. Aber wenn der Hunger gar zu groß war, setzte ich mich vor Krümels Haustür, und wartete, ob mir ihre Menschen was zu fressen gaben. Ich hatte dann schon so meine Haustüren, wo ich erfolgreich war. Einmal fiel beim Grillen sogar für mich ein Steak ab. Ich ließ mich dann auch schon von den Menschen anfassen, die mir ein Futterchen hinstellten.
In dem einen Haus fand ich sogar Unterschlupf, indem ich durchs Kellerfenster wie die anderen Katzen kletterte. Da saß auch manchmal besagte Katzendame, die ich so verehrte. Weil sie mich noch immer nicht leiden konnte, hatte ich mir in meinen dicken Katerkopf gesetzt, ihr den Platz streitig zu machen.

Aber mir machte immer noch meine Verletzung zu schaffen. Ich hatte eine ganz schlimme Vorderpfote. Ich glaub, sie war gebrochen und eiterte, so dass ich es vorzog, nur auf drei Pfoten zu humpeln. So schmerzte es nicht gar so sehr. Die eine Frau versuchte mir sogar, etwas Salbe drauf zu machen.
So verging die Zeit, und ich hätte es schlechter treffen können. Meine bösen Erfahrungen hatte ich bereits fast verdrängt, und meine schlimme Pfote heilte schließlich auch.
Einmal bin ich vor Stolz fast rückwärts gegangen. Da hatte ich ein Gespräch belauscht, in dem Tillis Mensch zu Krümels Mensch sagte, Tilli hätte einen viel schlechteren Geschmack als Krümel (wir waren inzwischen ziemlich gut befreundet und Tilli hatte so einen hässlichen schwarz-weiß gefleckten Kater als Freund). Das ging mir runter wie Öl. Denn ich bin wirklich ein hübscher Kater.

Irgendwann schien sich aber Tilli mit meiner Anwesenheit abgefunden zu haben. Wenn sie gut drauf war, saßen wir gemeinsam vor ihrem Haus und warteten auf ihre Menschen. Dann schwärmte sie, dass sie das gesamte Haus zu Verfügung habe. Sie erzählte von ihren herrlichen Schlafplätzen, von ihren Rausguckestellen, die sie "Kino" nannte und wo sie bei schlechtem Wetter aus der warmen Stube draußen alles beobachten konnte. Sie habe sogar ein Katzenzimmer, in welches sie über eine Leiter durch eine Klappe in der Decke gelangt. Dort klettert sie eine weitere Leiter hinauf, um den herrlichsten Ausblick über nahezu ihr gesamtes Revier auf einmal zu haben. Staun! Und sie hat ein ziemlich großes Revier. Das weiß ich. So weit traut sich hier in der Gegend kaum eine Katze!
Ein andermal erzählte sie mir von den herrlichen Leckerlis, die ihre Menschen für sie bereit haben. Sie bräuchte sich nur vor eine bestimmte Tür des Küchenschrankes zu setzen und ihre Menschen würden ihr von dort ihre Leckerlis rausholen. Sie hätte sogar zu den Mahlzeiten ihren festen Platz am Tisch ihrer Menschen und braucht diese bloß kurz mit der Pfote an zu stubsen, dann bekäme sie ihre Häppchen. Das hab ich sogar selbst mal gesehen, denn ich saß oft vor der Terassentür und hab mir neidvoll mein Näschen plattgedrückt. Na gut, ich will nicht jammern, ich bekam ja von Tillis Menschen auch meine tägliche Futerrration. Aber bissel ungerecht geht es doch zu auf der Welt, das wird wohl jeder einsehen!
Als Krönung empfand ich es ja, als sie mir vorschwärmte, sie schliefe sogar hin und wider mit im Bett ihrer Mama, wie sie ihre Menschenfrau nannte.
Ja sie hatte es wirklich gut. Ihre Menschen müssen sie wohl sehr geliebt haben.

Aber Tilli liebte ihre Menschen auch sehr. Sie zeigte ihre Dankbarkeit, indem sie ihnen unentwegt ihre Beute vor die Tür legte, unzählige Mäuse aller Sorten und Vögel. Sie brachte ihnen sogar mal einen Frosch oder 'ne Kröte. So genau kenne ich mich da nicht aus, denn so was käme mir bestimmt nicht zwischen die Pfoten.

Über die erlegten Vögel freuten sich ihre Menschen nicht. Das verstehe einer! Darüber haben wir oft und lange philosophiert. Dabei sind doch Vögel viel schwieriger zu fangen...! Na ja, Menschen sind eben wirklich kompliziert.

Dann kam der schlimme Tag, der mich jedoch zu einem Glückspilz machen sollte.
Tilli streifte wie so oft durch ihr Revier. Aber wie ich dann durch den ganzen Aufruhr mitbekam, hatte sie doch mal nicht aufgepasst. Eigentlich verstehe ich das heute noch nicht, wie ausgerechnet ihr das hatte passieren könne, sie die eigentlich immer so schlau war. Na, jedenfalls war sie gegen Nachbars Auto gerannt. Und der war nicht mal ein unverantwortlicher Raser, wie es jede Menge von denen gibt. Sie muss wohl gleich tot gewesen sein. Das stimmte mich unendlich traurig.

Ich saß gerade vor der Haustür von Tillis Menschen, als sie diese Nachricht erhielten. Ich dachte, wenn ich da bin, so hilft es ihnen ein wenig über ihren Kummer hinweg. Jedoch ganz unten im Tiefsten Winkel meines Katzenherzens keimte, ohne dass ich es wollte, ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Und wirklich, ich durfte hinein ... und blieb.
Natürlich genieße ich nicht die Privilegien, die Tilli hatte, noch nicht. Ich will ihnen noch etwas Zeit lassen. Aber wie lange werden sie wohl meinem Charme widerstehen können...?
Mir jedenfalls gefällt mein neues zu Hause sehr gut. Es ist überall warm. Einen Platz auf den Polstermöbeln habe ich mir schon ausgesucht. Futter ist immer da. Und noch ne 'ganz feine Einrichtung gibt's - ein Katzenklo. Das kenne ich noch aus Kindertagen. Da kann man sein Geschäft im Warmen verrichten. Ja, ich könnte noch viel mehr aufzählen.

Also Leute, ihr seht, ich bin wirklich glücklich!

 

Herzlichen Dank Renate / Dezember 2002!